Jonas Hauser - Akademischer Motorsportverein Zürich
Jonas Hauser, Sie sind engagiert bei AMZ. In welcher Funktion sind Sie im Verein aktiv?
Derzeit bin ich als Fokus-Student der ETH Zürich bei AMZ Racing tätig. Jedes Jahr gibt es insgesamt 16 Fokus-Studenten, die sich Vollzeit am Projekt engagieren und zusammen einen neuen Rennauto-Prototypen bauen. Das Fokusprojekt bietet die Möglichkeit, das im Studium erlernte Wissen endlich ein erstes Mal in der Praxis anzuwenden, wobei der AMZ die perfekte Möglichkeit dafür darstellt. Ich war dieses Jahr für das Getriebe zuständig, was bedeutet, dass ich von Konzeptentscheidung bis hin zur Fertigung und Montage vollständig frei konstruieren und entscheiden durfte, natürlich mit Hilfe und Tipps unserer Teamleitung und früherer Fokusstudenten. Zudem war ich für die Fertigung aller mechanisch gefertigten Teile zuständig. Dieses Jahr wurden über 600 verschiedene Teile von unseren Fertigungspartnern gefertigt.
Wie müssen wir uns ein Rennen vorstellen? Sind die Rennen in der Schweiz, Österreich, Ungarn und Deutschland für welche Sie sich qualifiziert haben auch öffentlich mit Publikum?
Rennen in der Formula Student bestehen grundsätzlich nicht nur aus dynamischen Disziplinen, in denen das Auto fährt, sondern auch aus statischen Disziplinen, in denen beispielsweise das Design des Autos Experten aus der Industrie erklärt und begründet werden muss oder die Kosten für einen speziellen Teil des Autos, inklusive Fertigung, aufgelistet werden müssen. Diese Rennen sind öffentlich. Besonders spannend für die Besucher sind die letzten 2 Tage, in denen die dynamischen Disziplinen stattfinden.
Mit welchen Geschwindigkeiten sind die Rennwagen auf der Strecke unterwegs und welches sind die grössten Herausforderungen?
In der Formula Student hat Sicherheit eine extrem hohe Bedeutung. Aufgrund dessen werden die Strecken so gebaut und auch unser Auto darauf ausgelegt, dass maximal Geschwindigkeiten von 120 km/h erreicht werden. Uns zeichnet eher aus, dass wir bis zu 1.8g beschleunigen, bis zu 2.7g bremsen und mit bis zu 3g Querbeschleunigung um die Kurve fahren können.
Die allergrösste Herausforderung ist der zeitliche Druck und die Tatsache, dass alles beim ersten Versuch funktionieren muss. Da wir jedes Jahr einen neuen Prototyp entwickeln ist es essenziell, dass keine Designfehler oder Ähnliches auftreten dürfen.
Machen Sie während der Rennen auch Boxenstopps und falls ja, wie laufen diese ab?
Es gibt lediglich einen Fahrerwechsel, bei dem simultan ein kurzer mechanischer Check des Autos vorgenommen wird. Allerdings gibt es keine Reifenwechsel.
Gibt es ein Jahresbudget, respektive haben Sie bei den Rennen eine Obergrenze wie z. Bsp. in der Formel 1?
Ein Jahresbudget gibt es in der Formula Student nicht. Generell sind wir sowieso sehr von unseren Sponsoren abhängig und sind froh über die tatkräftige Unterstützung.
Wie sehen Sie die Entwicklung des Rennsports in den nächsten 10 Jahren? Zukunftsvisionen?
Es ist schwer, das einzuschätzen. Generell glauben wir daran, dass sich auf lange Sicht ein Mittel aus Verbrenner- und Elektromotoren die beste Option ergibt. In der Formula Student ist klar zu erkennen, dass jedes Jahr immer weniger Verbrenner-Teams an den Start gehen und immer mehr Teams auf Elektroantrieb umsteigen. Allerdings könnten auch E-Fuels eine grosse Chance für den Rennsport und die Automobilindustrie generell darstellen.
Gibt es viele Studenten, die schlussendlich den Weg in die Formel 1 / Formel E einschlagen und inwieweit kann der traditionelle Rennsport von Ihren Kenntnissen profitieren?
Einige unserer Teammitglieder sind in der Formel 1 tätig, besonders beim Hinwiler-Team Sauber. Aus der Formula Student bringt man ein sehr gutes Gesamtverständnis für das Auto, die Elektronik darin, Fahrdynamik und vieles mehr mit, was wir oft als positives Feedback bekommen.
Haben Sie konkrete Vorstellungen von der Mobilität in der Zukunft? Thema autonomer Formelsport.
Unser Auto bietet auch die Möglichkeit, fahrerlos zu fahren. Bei einigen der Rennen im Sommer werden wir auch am driverless-Cup teilnehmen. Man sieht hier deutliche Steigerungen in der Performance, gut möglich, dass es nur noch eine Frage der Zeit ist bis die Computer auch hier den Mensch überholt. Momentan befinden wir uns aber noch an einem Punkt, an dem ein Fahrer bessere Rundenzeiten herausholen kann.
Zum Thema Batterien: Was wird zurzeit verbaut und welche Entwicklungen zeichnen sich ab?
Wir verbauen LiCoO2 Batterien im Pouch Zellen Format. Diese haben die optimale Energie- und Leistungsdichte für unserer Anwendung, da wir hohe Entladeraten für unsere leistungsstarken Motoren benötigen.
Für die Zukunft gilt es weiterhin, die Leistungsdichte dieser Zellen zu verbessern und dabei das Umweltrisiko zu minimieren.
Welche Leistung Ps/kW haben die Motoren – können Sie uns einige technische Details dazu angeben?
Unsere in-house entwickelten und selbstgebauten Motoren haben eine Leistung von 43.5kW, was bei Motoren in jedem der Räder eine Leistung von 236 PS bedeutet. Damit haben wir bei einem Motorengewicht von 2.45kg eine Leistungsdichte von über 17kW/kg, in der Formel E sind wir hier bei einer Leistungsdichte von etwa 8kW/kg.
Wird die negative Energie aufgefangen und zurückgeleitet?
Unser Gesamtantriebsstrang ist darauf ausgelegt, beim Bremsen Energie zu rekuperieren. Dabei sind wir in der Lage, mehr Leistung zu rekuperieren als auf die Strasse zu bringen, da wir aufgrund der Reglementierung ein Leistungslimit haben. Etwa die Hälfte der Energie, die unseren Akku verlässt, kann auch wieder rekuperiert werden.
Wie sieht die Heckflügel-Downforce aus in kg bei 50 und 100 km/h?
Die Heckflügel-Downforce bei 50km/h ist 17.5kg und bei 100km/h 70kg.
Fun-Fact: Unser Auto wäre ab einer Geschwindigkeit von etwa 100km/h in der Lage, in einem Tunnel kopfüber an der Decke zu fahren.
Danke für Ihr Interesse und prometall für die Unterstützung!